Building New Aarau
Ein Projekt zum Thema äussere und innere
Migration im Rahmen zweier Utopien mit historischen Bezügen.
Historischer Hintergrund
Andreas Dietsch, ein aus
Deutschland kommender Bürstenmacher, Agitator, Schriftsteller und
Frühsozialist, wohnte vor über 171 Jahren im gleichen Haus an der Pelzgasse
in Aarau, wo ich selber seit 2007 lebe und 2008/2009 das Projekt Noseland
ausarbeitete.
Andreas Dietsch in Wikipedia (Quelle Bildschirmfoto) |
Ohne von Dietsch zu
wissen, schuf ich hier die theoretischen Grundlagen der Mikronation Noseland
mit sehr ähnlichen Utopien, wie sie Andreas Dietsch anfangs 1840er-Jahre unter
anderem in der Schrift Das Tausendjährige
Reich niederschrieb. Die Noseländische Verfassung unterscheidet sich wesentlich
nur betreffs der Religion, welche in Noseland nicht öffentlich gelebt wird, bei
Dietsch aber eine zentrale Rolle spielte.
Vor 3 Jahren stolperte
ich erstmals über Andreas Dietsch, weil der Hausbesitzer Andreas Haller alias
Wenzel eine Gedenktafel zu Ehren Dietschs in Auftrag gegeben hatte. Schnell
erkannte ich die Parallelen zwischen seiner äusseren
Emigration nach dem verheissenen Land Amerika und der inneren Immigration Noselands, welches sich nach innen aus dem
grossen Komplex Schweiz herauslöste. Dietsch verliess die Schweiz wegen
oekonomischen Problemen, die durch die Industrialisierung dem Handwerk den
existenziellen Boden entzogen, Noseland verliess die Schweiz unter anderem
wegen der Enttäuschungen, die der Kapitalismus im Zuge seines Sieges über den
Kommunismus Ende Achtziger in der Folge in Form der grenzen- und hemmungslosen
Globalisierung in die Welt setzte.
Andreas Dietsch hat
seine Reise und die Aufbauversuche ‚New Aaraus’ –der künftigen Hauptstadt Neu
Helvetias- in Tagebuchform gründlich dokumentiert, erschienen 1978 im Limmat
Verlag: Die grossartige Auswanderung des
Andreas Dietsch und seiner Gesellschaft nach Amerika.
Ein wichtiges Attribut
Noselands ist die multimediale Dokumentation im Netz, welche den winzigen
Flecken Wiese mit der ganzen Erde kommunizieren lässt.
Dietschs Schicksal war
es, dass er schon im ersten Winter, Ende Januar 1845, verstarb und das
frühsozialistische Projekt in der Folge scheiterte, die zwei einzigen gebauten
Häuser wurden verlassen und verfielen. Vom geplanten Tausendjährigen Reich
blieben eine rostige Schere, einige Gräber, ein Apfelbaum und einige Rebstöcke.
Noseland feiert am 1.
April 2016 sein siebenjähriges Bestehen, wird aber irgendwann mit dem Tod König
Brunos des Ersten und Letzten wieder verschwinden und als leere Wiese in der
Zukunft verhallen.
Künstlerische Umsetzung
Der Kunst und Noseland unterliegt es
nun, die Vision Andreas Dietsch noch einmal –temporär- auferstehen zu lassen:
Rund um das Thema Building New Aarau
entstehen tonale Werke, Licht-Landart, Thematische Gruppenausstellung und
Performance Art.
Die Grundfragen lauten: Wie soll New
Aarau aussehen? Was braucht eine neue Stadt?
Welche Funktionalitäten soll New Aarau erhalten? Welche städtebaulichen
Dimensionen dienen dem Sozialleben der Stadt? Welche Kultureinrichtungen sind
von Nöten? Was unterscheidet eine Stadt von damals von der Stadt von heute? Inwiefern
soll New Aarau besser sein als Aarau? Welche Konsequenzen hat es, eine Stadt
von Grund auf neu zu bauen, im Vergleich dazu, wenn sie einfach wächst? Welche Utopie
verwirklicht New Aarau?
Die Künstler sollen sich grundlegend
an der Noseländischen Verfassung und
der Schrift Das Tausendjährige Reich
orientieren. Kurzfristige Ausnahmen für temporäre Bauten im Zusammenhang mit
Building New Aarau werden im kuratorischen Gespräch ermittelt.
Nebst der immer wichtiger werdenden
Funktion Noselands als Residence, als Arbeitsort, als Atelier, als
Künstler-Melting-Point stehen öffentliche Anlässe (Galerie-Konzert, Podium,
Ausstellungen) und vor allem die mediale Dokumentation (Blog) im Internet im
Vordergrund, welcher tausende von Menschen erreicht.
Konzept und Kuration: Bruno Schlatter
Das Projekt wird in sieben Phasen
umgesetzt:
1) 13. - 20. Novmeber City Light: Landart mit Vittorio Misticoni (Sursee) (Kuration durch
Bruno Schlatter)
2) 04. Dezember 2015 - 08. Januar 2017 Internationale Ausstellung Building New Aarau mit
internationalen Künstlern
3) Frühling 2015: The historical Utopia mit Cho Linska (Zürich) & Bruno Schlatter
4) Podium: Stadtutopie & Energie mit Niklaus Walther
5) Blog: Building New Aarau von Bruno Schlatter
6) Performancefestival in Zusammenarbeit mit FWD>>
7) The sound of Nature and New Aarau mit Piotr Damasiewicz &
Wojtek Kielar (Polen), Marco Käppeli & Bruno Schlatter (Schweiz)
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