Donnerstag, 18. Februar 2016

Sonja Steger 5: Nositation III


Das Lied der verschnupften Nase
Umfangreich und vielschichtig liegt der Mythen-, Sagen- und Visionenschatz Noselands unter der königlichen Nasenwurzel verborgen. Wer im Urschlamm des kollektiven Unterbewusstseins des Nasenstaates gräbt und auf spirituelle Suche geht, stößt auf die Visionen der kleinen Brunetta von Rotz und „Das Lied der verschnupften Nase“ (vgl. Franz Werfel, Das Lied von Bernadette):

Nicht bei einer Grotte und nicht im tiefen, traumdurchwirkten Wald sondern inmitten der sanften Wiese von Noseland erblickte die 11-jährige Brunetta in den frühen Morgenstunden des Jahres 1818 ein leuchtendes Ei. Es schwebte wenige Zentimeter über den Gräsern, die Welt war in Nebel getaucht, kein Vogel sang, keine Nase schnäuzte und kein Käuzchen rief. 
War das Straussenei anno 2009 von Claudia Waldner eine Reminiszenz an Brunettas Vision?
Verängstigt näherte sich das Mädchen der wundersamen Erscheinung und erkannte in der menschengroßen Leuchtkugel die Umrisse einer Nase, diese ruhte auf einem himmelblauen, sternenbestickten Schnäutztuch.
Die agnostische Geisteshaltung der Noseländer schließt derartige Visionen weder aus, noch bestätigte der Rat der Nasen die Wahrhaftigkeit dieser übernasigen Sichtung. Nun war und ist das Beten keine noseländische Gepflogenheit, so verlieh Brunetta ihrer Rührung dadurch Ausdruck, indem sie ihr Taschentuch zückte und sich inbrünstig schnäuzte. 
Ob die Noseländische Hymne an diesen Mythos erinnern will?
 
Wohlwollend vibrierte die große Nase und dem Kind schien es ein leises nasal gebrummtes Lied zu hören. Kaum merklich verblasste die Nase, das Lied klang aus und sie verschwand. 

Nachrichten an die Nasennation vernahm die Kleine keine, denn die anarchistische Monarchie ist seit jeher ein friedliebendes, gerechtigkeitssinnendes und durch und durch nashaftiges Reich. Welche Kräuter und Pilze, zu deren Suche sich Brunetta an jenem Morgen aufgemacht hatte, im Korb und im Magen der Seherin gelandet waren, ist nicht bekannt. (Vgl. David Guterson: Unsere liebe Frau vom Wald) 

Gesichert ist, dass die Skizze welche Brunetta von der friedlich leuchtenden Nase gezeichnet hat, im noseländischen Staatsarchiv wie eine Reliquie gehütet wird und als Vorlage für den Nasenumriss auf der noseländischen Fahne diente. Fragmente des Liedes wurden in die Nationalhymne integriert.
Flagge Noselands



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