Donnerstag, 11. Februar 2016

Psychologische Vermessung 4: Die Vermessung der Frau

Regula Stämpfli ist Historikerin, Philosophin und Politologin. In ihrem Vortrag beschäftigt sie sich mit der Vermessung der Frau, so heisst auch eine ihrer Publikationen. Martina Gugglberger moderierte den Abend am 1. Oktober 2014 im Wissensturm in Linz.
Regula Stämpfli in Linz (Quelle Bildschirmfoto)
Mit der Vermessung der Frau impliziert Stämpfli automatisch den Menschen an und für sich, also auch die Männer und redet gleichzeitig vom Vermessungswahn unserer Moderne.
'Das Idealmass der Frau ist ein Fatalmass', zitiert sie sich selbst und redet über das 'sich zu Tode fasten'. Entgegen dem Bolognasystem will sie weiterhin unterschiedliche Dinge 'zusammen-denken' und wehrt sich gegen Determinierung, die eigenes Denken verweigert im Stile 'das war doch immer so'.
Der Zweifel kam in die Welt mit der Korrektur der Erdscheibe zur Kugel, welche die sinnliche Erfahrung hintenanstellt, wo die Sonne noch ins Meer plumpst, was zur Diskrepanz mit dem Wissen führt. Unsere Menschenbilder delegieren unser Empfinden an die Zahlen, wir sind schön, wenn die Badezimmerwaage das richtige Mass der Schönheitsdiktatur anzeigt, welche allzu stark vom messbaren Körper bestimmt wird.
Wiederholte Klischees führen zu Bildern, werden sie tausendmal wiederholt, werden sie wissenschaftlich zur Empirie, welche unter Umstände den eigenen Einfluss auf das Resultat zu wenig hinterfragt. Der heutige Markt bedient vermessene Segmente und generiert doppelte Märkte. Energisch wehrt sie sich gegen die Delegation der Richtigkeit an die Behauptung, dass alle etwas wollten. Korrelationen verneint sie konsequent, so kann Hirnforschung nur zeigen, wenn Hirne denken, sie kann aber nichts über die Gedanken selbst aussagen.
Stämpfli redet über die Fatalität der langandauernde Trennung von Natur- und Geisteswissenschaften und die Eroberung des Frauenbildes durch Google mittels Klicks sowie die Bedeutung der Sprache für das Bild, wenn Männer zum Beispiel in einem Autorenlexikon als Individuen erscheinen, die Frauen aber als Kategorie.
Als Emanzipatorin betont sie die Gleichheit im öffentlichen Bereich und die Ungleichheit im privaten Raum, welche nicht vermischt werden sollten, was allerdings in der Politik gang und gäbe ist (Beispiel: die -im gleichen Zeitraum- Gewichtigkeit Geri Müllers Selfies und des Freihandelsabkommen mit China in den Medien).
Schon Neugeborene begrüssen wir mittels körperlichen Daten: Datum und Gewicht, Menschen sind aber mehr als die Summe ihrer Daten: mein Körper wird fälschlicherweise zu meinem Kapital, insbesondere für Frauen. Physik und Metaphysik dürfen aber nicht gegeneinander gewertet, respektive ausgespielt werden.
Stämpfli plädiert für Vielfalt, für das Hinsehen, das kritische Denken, den Mut, die Welt anders zu denken oder zu erklären, womöglich ohne Experiment.

Oft salopp, provokant, manchmal lustig, hie und da grosse Sprünge, manchmal ... sie wissen ja schon



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